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AutorenbildEmanuel Suter

Motion betreffend Begrenzung der Strafbefehls- und Anklagegebühren eingereicht


Zusammen mit Christoph Riner (SVP) und Uriel Seibert (EVP) habe ich heute eine Motion (Gr.22.28) zur Begrenzung der Strafbefehls- und Anklagegebühren eingereicht. Diese Motion wurde nötig, da im Kanton Aargau im Bereich von tiefen Bussen die Strafbefehls- und Anklagegebühren ausserordentlich hoch sind. Ein Beispiel? Sie werden mittels Strafbefehl zu einer Busse von CHF 200 verurteilt, weil Sie ein sperriges Möbelstück in Ihrem Kofferraum nicht genügend gesichert haben. Zu dieser Busse kommen jedoch noch Strafbefehlsgebühren von CHF 400 hinzu. Das bedeutet, dass Sie für eine Tat, für die eine Busse von CHF 200 angemessen ist, schlussendlich CHF 600 bezahlen müssen. Dies erachten wir Motionäre als unverhältnismässig. Dies ist nicht nur wegen dieser offensichtlichen Unverhältnismässigkeit stossend, sondern auch weil der Kanton Aargau bei den Strafbefehlsgebühren der absolute Spitzenreiter ist. Deshalb fordern wir mit unserer Motion, dass die Strafbefehlsgebühren in der Regel maximal 2/3 der Busse bzw. die Anklagegebühr in der Regel maximal 4/5 der Busse betragen soll. Hier unsere komplette Begründung:


Vorab gilt es klarzustellen, dass die vorliegende Motion einzig auf geringfügige Delikte, welche zu einer Busse von wenigen hundert Franken führen, gerichtet ist und bei schwereren Delikten nicht greift, da diese mit höheren Bussen, Geld- oder gar Freiheitsstrafen geahndet werden.


Delikte, die nicht mehr mit einer Ordnungsbusse (im Ordnungsbussenverfahren) abgehandelt werden können, für die jedoch noch eine Busse, eine Geldstrafe von höchstens 180 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von höchstens 6 Monaten als ausreichend erachtet wird, münden in einem Strafbefehl. Das klassische Beispiel dafür sind Geschwindigkeitsüberschreitungen, z.B. innerorts ab 16 km/h, ausserorts ab 21 km/h, ungenügend gesicherte Ladungen oder leichte Verkehrsunfälle mit Sachschaden. Solche Delikte werden mit Bussen von wenigen hundert Schweizer Franken mittels Strafbefehls abgehandelt. Wer mit dem Strafbefehl nicht einverstanden ist, kann Einsprache dagegen erheben. Dies führt meist dazu, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt bzw. den Strafbefehl als Anklageschrift beim zuständigen Bezirksgericht einreicht.


Selbstverständlich gibt es solche Strafbefehle nicht gratis. In § 15 Abs. 1 und Abs. 1bis des Dekrets über die Verfahrenskosten (Verfahrenskostendekret; VKD) wird die Bandbreite für Strafbefehlsgebühren und Anklagegebühren festgelegt: Die Strafbefehlsgebühren sollen zwischen CHF 200 bis CHF 10'000, die Anklagegebühren zwischen CHF 300 und CHF 15'000 betragen. Die Oberstaatsanwaltschaft hat hierzu eine Weisung «Gebühren der Staatsanwaltschaft» und eine solche «Anklagegebühr; Bemessung und Handhabung» erlassen. Bei tiefen Busen werden folgende Strafbefehlsgebühren erhoben:

Die Anklageerhebung, welche als Aufwand normalerweise lediglich die Weiterleitung des Strafbefehls als Anklageschrift an das Bezirksgericht verursacht, lehnt sich an die Höhe der Strafbefehlsgebühr an, wobei der Zusatzaufwand seit Erlass des Strafbefehls berücksichtigt wird. Aufgrund der Bandbreite gemäss § 15 Abs. 1bis VKD beträgt die Anklagegebühr jedoch mindestens CHF 300.


Wie die dargelegten Zahlen zeigen, stehen bei tiefen Bussen die Strafbefehls- und auch die Anklagegebühren in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Busse. Gerade bei Übertretungen geht es darum, mit Bussen von wenigen hundert Franken ein Fehlverhalten zu sanktionieren. Die dabei ausgesprochene Busse entspricht jeweils dem Unrecht, welches der Delinquent begangen hat. Wenn jedoch die damit verbundenen Gebühren gleich hoch oder sogar höher sind als die Busse selbst, tritt die Busse und damit die Strafe für das Unrecht in den Hintergrund. Der Delinquent bezahlt jeweils eine einzige Rechnung für Strafe und Strafbefehlsgebühr. Das bedeutet, dass jemand, der ein Unrecht begeht, für welches eine Busse von CHF 200 angemessen wäre, schlussendlich CHF 600 bezahlen muss. Obwohl es sich dabei in der Regel um Massengeschäfte (z.B. Geschwindigkeitsüberschreitungen) handelt, übersteigt die Gebühr die Busse somit um 100% oder wenn die Busse bis CHF 100 beträgt, sogar um 200%. Damit entspricht der Betrag, den ein Delinquent zu berappen hat, nicht mehr dem begangenen Unrecht. Dies widerspricht dem Verhältnismässigkeitsprinzip diametral, weshalb die Politik gefordert ist. Immer wieder führen die hohen Verfahrenskosten dazu, dass sich Betroffene wegen solch unangemessen hohen Strafbefehlsgebühren gegen die Strafbefehle wehren, weil sie sich – zu recht – ungerecht behandelt fühlen, da sie für geringfügige Übertretungen unverhältnismässig viel bezahlen müssen. Im Gegensatz dazu stimmt das Verhältnis bei höheren Bussen in der Regel. Beispielsweise fällt bei einer Busse von CHF 900 eine Strafbefehlsgebühr von CHF 600 an, was 2/3 der Busse entspricht.


Wie ein interkantonaler Vergleich des Vergleichsdienstes comparis.ch gezeigt hat, sind die Strafbefehlsgebühren im Kanton Aargau am höchsten. Während die Strafbefehlsgebühren für eine Busse von CHF 400 im Kanton Neuenburg CHF 50 betragen, fallen im Kanton Aargau CHF 500 Strafbefehlsgebühren an.


Um dem Verhältnismässigkeitsprinzip Rechnung zu tragen, sind die Strafbefehls- bzw. Anklagegebühren in ihrer Höhe zu begrenzen. Aus Sicht der Motionäre würde eine Begrenzung der Strafbefehlsgebühren auf in der Regel 2/3 der Busse bzw. der Anklagegebühr auf 4/5 der Busse dem Verhältnismässigkeitsprinzip entsprechen. Dies würde demselben Verhältnis zwischen Busse und Strafbefehlsgebühr entsprechen, wie dies bei Bussen ab CHF 900 gilt. Damit würden die Strafbefehlsgebühren für eine Busse von CHF 200 neu nicht mehr CHF 400, sondern maximal CHF 133 und eine allfällige Anklagegebühr maximal CHF 160 kosten. Mit der Formulierung «in der Regel» sind sodann höhere Gebühren in Ausnahmefällen weiterhin möglich, während klargestellt ist, dass höhere Gebühren nur ausnahmsweise erhoben werden dürfen.


Den Motionären sind die Prinzipien zur Bemessung von Gebühren bekannt, sie sind allerdings der Ansicht, dass gerade bei tiefen Bussen, welche meist standardisierte Fälle betreffen, mit der aktuellen Regelung einerseits das Äquivalenzprinzip, vor allem aber das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht eingehalten ist.


Deshalb wird der Regierungsrat dazu aufgefordert das Verfahrenskostendekret entsprechend anzupassen.


Wie es mit unserer Motion weitergeht können Sie auf meiner Internetseite und hier weiterverfolgen.


Weiterführende Berichte zu dieser Thematik finden Sie unter folgenden Links:

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